Kultur und Brauchtum
Schibeschiesse
Pfingstblitter
Räbeliechtli
Fasnachtsfeuer / Scheibenschiessen

Am Sonntag nach dem Aschermittwoch kann man mit einem traditionsreichen Brauch von der Frau Gugger-Fasnacht Abschied nehmen. Vom COOP Parkplatz aus marschiert ein Fackelumzug in Richtung Räbhügel, von wo glühende Holzscheiben in den Nachthimmel geschleudert werden.

Dieser Brauch ist nicht nur im Leimental, sondern auch im benachbarten badischen Raum verbereitet. Er dient dazu, den Winter auszutreiben. Hansruedi Thüring-Favre erzählt in der Ettinger Heimatkunde: <<Als kleiner Junge durfte ich eine Laterne mit zum Fasnachtsfeuer tragen. Damit konnte ich dann unserem Nachbarn „Fels“ (Peter Thüring), dem aus meiner Sicht besten Posaunisten, die Noten beleuchten. Mit viel Stolz hielt ich dann von den Armen meines Vaters aus die Laterne über seine Schulter. Ungefähr mit zehn Jahren wurde ich dann zusammen mit meinen Cousins vom Grossvater in die Kunst des „Schiibemachens“ eingeführt. Es mussten viele Verletzungen vom „Sächsli“ (Gertel) oder „Hoogemässer“ hingenommen werden, bis die „Schiible“ einigermassen rund gerieten. Die Freude am Schiessen aber konnte weder von ovalen Scheiben noch von solchen mit einem exzentrisch gebohrten Loch getrübt werden. Hauptsache, sie waren selbst gemacht und das ersehnte Spektakel konnte stattfinden. Während dieser gemeinsamen Stunden am Haublock entstand eine natürliche Rivalität, wer wohl die schönste Scheibe herstelle. Die Zeit verstrich unter diesen Diskussionen noch schneller, und im Nu waren 100 bis 150 Stück fertiggestellt. Andere Kinder sammelten die verschossenen Scheiben am nächsten Morgen ein und kamen so zu „ihrer“ Munition für das nächste Jahr. Die älteren „Schiibeschiesser“ erinnern sich noch an folgendes Värslein:

„Schiible, Schiible dr Rai ab,
Dr Anggehaafe het e Bei ab,
D Chüechlpfanne dr Bode duss,
Jetzt isch di alti Fasnecht uss.“
Pfingtsblitter / Pfingstblütter
Drei „Laubbäume“ auf Mädchenjagd
„Am Pfingstmorgen treiben sich seltsame Wesen im Dorf herum. Die Pfingstblitter oder Pfingstblütter teilen ihren Segen mit Brunnenwasser an die Schaulustigen aus und erweisen den Anwesenden durch Verneigen die Reverenz, wird in alten Büchern berichtet. Dieser, im letzten Jahrhundert verbreitete Fruchtbarkeitsbrauch war im Leimental eingeschlafen.

In Ettingen erlebte er bereits eine zweifache Renaissance. Auf Initiative von Emma Stöcklin in den dreissiger Jahren wieder aufgenommen, war er bis in die fünfziger Jahre aus Ettingen nicht mehr wegzudenken. Nach zwanzigjähriger Unterbrechung wurde er 1976 erneut vom Kulturhistorischen Verein wieder aufgegriffen. Ursprünglich tauchten die „Pfingstblitter“ das Laub ins Wasser und bespritzten die heiratsfähigen Mädchen, die auf dem Nachhauseweg aus der Kirche an den Brunnen vorbei spazierten, um sie mit Fruchtbarkeit zu segnen.

Der Ettinger Brauch hat sich in seiner Form etwas verändert, schliesslich ist das Verhältnis von Jungen und Mädchen im „heiratsfähigen Alter“ ein anderes, als anno dazumal. Sobald die drei Faune losziehen, wird die Hauptstrasse zum Jagdgebiet. Mädchen und Frauen werden eingefangen und in die Brunnen getaucht. Junge Burschen verfolgen die drei lebendigen Laubbäume – dabei geht es schon etwas grober zu – und tauchen diese ins kalte Nass.
Räbeliechtli
Martinibrauch

Nur wenige Heilige sind – über alle Konfessionsgrenzen hinweg – bei den Christinnen und Christen so beliebt wie jener Martin, den das Volk von Tours im Jahre 371 zu seinem Bischof gewählt hat. Die eindrücklichste Tat geschah freilich noch vor dessen Taufe. Die Überlieferung sagt, dass dieser Martin während seiner ungeliebten Soldatenzeit am Stadttor von Amiens den Mantel mit einem frierenden Bettler geteilt hat. Bischof Martin starb am 08. oder 11. November 397.

In ganz Europa finden sich Kapellen, Kirchen und sogar Ortschaften, die den Namen des frommen und bescheidenen Helfers tragen. Schon sehr früh wurde er einer der populärsten Heiligen. Der Gedenktag des Bischofs von Tour fällt in die Endzeit des Kirchenjahres. Vermutlich markierte Martini den Beginn einer achtwöchigen Adventszeit, des sog. „Martinifastens“. Deren Schlusspunkt, Epiphanias am 06. Januar, war im frühen Christentum neben Ostern der zweite Tauftermin.

Doch nicht nur im Kirchenjahr zeigt das Kalenderblatt am 11. November ein wichtiges Datum an. Es ging an jenem Tag auch ganz weltlich zu und her. Der Martinstag war ein wichtiger Abgaben- und Markttermin. Das rührt freilich von der Jahreszeit her: Die Ernte war eingefahren und konnte, ebenso wie das gemästete Vieh und Geflügel, verkauft werden. Schliesslich bezeichnete der 11. November auch jenen Tag, an dem Verträge erloschen und die Dienstboten wechselten.

Mit Martini verbindet sich ein vielfältiges Brauchtum – nicht zuletzt auch Lichterbräuche, die ohnehin im Winterhalbjahr sehr beliebt sind. Die Lichter erhellen das Dunkel der kürzer werdenden Tage, selbstredend vertreiben sie auch böse Geister und finstere Gestalten. In dieser Tradition stehen die Räbeliechtli-Umzüge. Die Kindergarten- und Schulkinder ziehen mit ihren selbstgebastelten, ausgehöhlten und kunstvoll geschnitzten Rüben durch die Strassen.

Die Herkunft dieses Brauches lässt sich – zumindest in der Schweiz – nicht eindeutig ermitteln. Sicher ist, dass Räbelichtli im 19. Jahrhundert vornehmlich in der Nord- und Ostschweiz vorkamen.

In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg haben immer mehr Gemeinden diesen Brauch übernommen. So haben die Räbeliechtli, die übrigens in keiner Heimatkunde im Birseck erwähnt sind, auch ihren Weg nach Ettingen gefunden.

     
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